Verstoßener Junge in Nigeria Wie es mit dem angeblichen Hexenjungen weitergeht

Der kleine Hope wurde von einer dänischen Entwicklungshelferin vor dem sicheren Tod gerettet. Seine Eltern haben ihn verstoßen, weil sie ihn für einen Hexer halten. Doch wie sieht seine Zukunft aus?

Nackt, krank und verängstigt irrte der kleine Hope durch die Straßen einer Stadt in Nigeria. Der erst zweijährige Junge war auf der Suche nach Nahrung. Seit seine Eltern ihn vor mehreren Monaten verstoßen hatten, weil sie ihn für einen Hexer hielten, musste er sich allein durchschlagen. Zu diesem Zeitpunkt hieß Hope auch noch nicht Hope, denn Hoffnung gab es in seinem Leben keine. Die brachte erst seine Retterin, die dänische Entwicklungshelferin Anja Ringgren Lovén in sein Leben. Sie brachte ihn in ein Krankenhaus, gab ihm ein Zuhause und seinen neuen Namen.

Die Geschichte von Hope hat Menschen auf der ganzen Welt berührt. Auf Facebook erzählte Lovén von dem kleinen Jungen und veröffentlichte auch die schockierenden Bilder von ihm, die sich seitdem im Netz verbreiten. Laut der von Lovén gegründeten Hilfsorganisation DINNødhjælp sind bereits in den ersten zwei Tagen nach der Veröffentlichung der Bilder über 130.000 Euro an Spenden zusammengekommen, von denen eine eigene Klinik für die verstoßenen Kinder gebaut werden soll. Lovén zeigt sich überrascht und begeistert von der großen Aufmerksamkeit, die ihre Facebook-Posts erregt haben. Sie habe immer gehofft, die Welt auf das Schicksal der Kinder aufmerksam machen zu können und nun sei die Welt zu ihr gekommen, sagte sie gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Dänemark. Der Sender "DR2" hat eine Dokumentation über die mutige Frau gedreht, die im Frühjahr ausgestrahlt werden soll. In dem Film wird man auch die erste Begegnung zwischen Hope und seiner Retterin sehen können.

"Er war mehr tot als lebendig"

Lovén hatte Ende Januar einen Telefonanruf erhalten, indem ihr von einem zwei oder drei Jahre alten Jungen erzählt worden war, der von seiner Familie verstoßen wurde, sagte Lovén der britischen "Huffington Post". "Als wir gehört haben, dass das Kind noch so jung ist, haben wir nicht gezögert. Ein so kleines Kind kann allein auf der Straße nicht lange überleben. Wir haben sofort eine Rettungs-Mission vorbereitet."

Als sie den Jungen fanden, war auch Lovén, die schon viel Elend gesehen hat, entsetzt. "Als ich ihn sah, versteifte sich mein ganzer Körper. Er war mehr tot als lebendig", erzählte sie dem Dänischen Radio. Die Rettungseinsätze seien nicht ganz ungefährlich. Gerade in kleinen Dörfern, haben Lovèn und ihr Team schon häufiger Gegenwehr erfahren, wenn sie eines der sogenannten Hexenkinder retten wollten. Die Kinder zu berühren gilt als gefährlich. Niemand will etwas mit den angeblichen Hexen und ihren bösen Kräften zu tun haben.

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Zehntausende afrikanische Kinder werden Jahr für Jahr von ihrer Familie verstoßen oder sogar getötet, weil sie Zauberkräfte haben sollen. Dass ein Kind der Hexerei beschuldigt wird, kann die unterschiedlichsten Gründe haben: wenn ein Familienangehöriger aus ungeklärten Gründen stirbt, das Baby viel schreit, der Vater seinen Job verliert oder die Ernte kurz nach der Geburt des Kindes schlecht ausfällt. Erhoben werden die Anschuldigungen meist von obskuren Priestern, die auch gleich einen teuren Exorzismus anbieten. Da die häufig armen Familien sich diesen nur selten leisten können - oder das Kind kurze Zeit später einfach wieder "besessen" ist - werden viele Hexenkinder aus der Lebensgemeinschaft ihres Dorfes ausgeschlossen.

Ein neues Zuhause für die Hexenkinder

Lovén lieferte den kleinen Hope in ein Krankenhaus ein. Dort wird er seit Ende Januar aufgepäppelt und wegen Würmern und anderen Krankheiten behandelt. Es gehe ihm schon besser, nur reden wolle er noch nicht, schreibt Lovèn auf Facebook. Doch das werde sich von allein geben, sobald er bei den anderen Kindern sei. Nach seiner Entlassung soll Hope im Kinderheim der dänischen Hilfsorganisation leben. Dort werden bereits 34 Kinder, die der Hexerei bezichtigt wurden und die Lovén zusammen mit ihrem Lebensgefährten gerettet hat, betreut. Seit drei Jahren setzt sie sich in Nigeria für die Kinder ein, seit anderthalb Jahren ist sie selbst Mutter.

"Ich bin allein durch Nigeria gereist, als ich das erste Mal Kinder traf, die gequält und halbtot geschlagen worden sind, weil sie Hexen sein sollen. Was ich sah, war so furchtbar, dass es bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Deswegen entschied ich, alles was ich in Dänemark besaß zu verkaufen und mein Leben den Hexenkindern in Nigeria zu widmen", erzählte sie der "Huffington Post". "Von der eigenen Familie verstoßen zu werden, muss für Kinder das furchtbarste aller Gefühle sein und ich denke, dass niemand wirklich nachvollziehen kann, wie sich das für sie anfühlt."

Das nächste Ziel der mutigen Dänin ist es, den Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen. Nur so haben sie eine Chance, ihr Leben einmal selbst in die Hand zu nehmen.

vim