stern-Kolumne Winnemuth Frauentag auf der Wiesn

Beim Oktoberfest zum Top-Ladys-Event von Regine Sixt eingeladen zu sein war ein dolles Ding. Viel doller, als zu erwarten war.

Wie hatte ich mich gefreut, als mir die Einladung ins Haus flatterte: "Auf gehts' (sic) Madeln zu Regines' (sic) Damenwies'n" stand da vielfarbig gedruckt, und "Jetztpack' mas wieder!" (sic, sic und sic). Ich kreuzte auf der Antwortkarte "Juhu, ich freu' mich narrisch & bin dabei" an und begann, nach einem Leihdirndl herumzutelefonieren. Endlich war ich eine jener "Top-Ladies aus Wirtschaft, Politik, Society und Showgeschäft", die sich jährlich am ersten Oktoberfest-Montag auf Einladung von (bereiten Sie sich auf mächtig viele Anführungsstriche in dieser Kolumne vor) "Mietwagen-Lady" Regine Sixt im Hippodrom-Zelt versammeln. "Der wichtigste Wiesn-Termin für wichtige Promi-Ladys" sei es ("Münchner Abendzeitung"), "ein Panoptikum" (eine Freundin), "eine Freakshow" (eine andere Freundin), aber alles für einen guten Zweck, Regine Sixts Stiftung "Tränchen trocknen" (doch, wirklich). Ich spitzte meinen Bleistift und flog gen Süden.

An Top-Ladies waren es auf Regines' Damenwies'n heuer 1280, überwiegend aus der Abteilung "In München weltberühmt". Diverse Teleshopping- und Pay-TV-Moderatorinnen, "Was macht eigentlich"-Schauspielerinnen, Exfußballergattinnen und Exfußballer-Exgattinnen. Bei der Beschreibung der Anwesenden mussten selbst die Klatschseiten, die ja einen gewissen Kenntnisstand voraussetzen können, des Öfteren zu Beschreibungen wie Frau von, Freundin von und Tochter von greifen, im Fall von Eva O'Neill sogar ein Dreifach-von: Mutter vom Mann von Madeleine von Schweden.

Anstehen für das Damenpräsent

Aber man muss es sagen: Die Frauensolidarität war nicht zu übersehen – überall dieselben blond gesträhnten "Tagesschau"-Frisuren und dieselben Nasen (© Dr. Werner Mang/Bodensee). Dazu Tüllärmelchen und schief aufgesetzte Jägerhütchen, Verona Pooth in einem Schottenkaro-Dirndl, Claudia Effenberg in einer daunendeckendicken Federschürze, Charlotte Knobloch in einem weißen Trachtenjanker zur Hose, alle an Biertischen, auf denen daumengroße Papp-Regines auf Mini-Maibäumen mit Glitzerbrezeln turnten, während Wolfgang Fierek seinen unsterblichen Hit "Resi, i hol di mit mei'm Traktor ab" sang – es war a Woahnsinn.

Schon vor dem Dessert standen die Ersten für das "Damenpräsent" an, eine sieben Pfund schwere Einkaufstüte mit Anti-Aging-Cremes, Shopping-Gutscheinen, Kulturtäschchen, diversem Schmuck-Gebamsel, einer Sensorleuchte, die Licht in die unendlichen Tiefen von Handtaschen bringen soll, und 50 Prozent Discount auf ein Oberarm-Lifting oder eine Ultraschall-Fettreduktionsbehandlung – halt alles, was das Top-Lady-Herz begehrt. Ja, so war das.

Falsche Nasen, echte Geschichten

Aber so auch: An meinem Tisch eine Wirtin aus dem Bergischen Land mit flammend orangefarbenen Haaren, die von ihrem europäischen Frauennetzwerk schwärmte: "Da ist alles dabei, vom Punkmädel aus Irland, das Schnecken züchtet, bis zur französischen Madame im Kostümchen." Eine Hörbuchverlegerin, die von den Problemen bei der Vertonung von Ernst Jüngers "In Stahlgewittern" erzählte. Eine Geschäftsführerin eines Messe- und Ladenbaubetriebs, die mit zwölf von den Philippinen kam, nur mit der Mutter, der Vater war gestorben, als er versuchte, ihre Schwester vor dem Ertrinken zu retten: "Wir haben 7000 Inseln, aber kaum einer von uns kann schwimmen." Es war, wie es unter Frauen immer ist, auch solchen, die sich eben erst kennengelernt haben: Man erzählt vom Scheitern, von Wunden, sofort und ungeschützt. "Was reden die da nur, die Weiber?", fragen sich die Männer, denen immer mulmig wird, wenn so viele Frauen so sichtbar unter sich sind. Na, das halt. Die Nasen sind falsch, aber was erzählt wird, ist echt.